Wolfratshausen: Hyosook Moon und Hamit Cordan zeigen Werke im Kunstturm
Eine Reise ins Universum kann man derzeit in Wolfratshausen erleben. Die unendlich fernen Planeten sind hier zum Greifen nah. Ob Saturn, Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Uranus oder Neptun – sie alle sind aus feinstem Kupferdraht gearbeitet, durchlässig, durchsichtig und zart schweben sie von der Decke des Kunstturms. Nur der kleinste ist fest an der Decke angebracht. Dabei handelt es sich um den Asteroiden B-612, den Heimatplaneten des „Kleinen Prinzen“, auf dem er seine geliebte Rose pflegt.
Beim genauen Hinsehen entdeckt der Betrachter, dass die Planeten aus unendlich vielen „Draht-Manschgerln“ bestehen. So nennt die koreanische Künstlerin Hyosook Moon ihre etwa zehn Zentimeter großen Figuren. „Wir allein bewirken gar nichts, doch zusammen können wir viel erreichen“, erklärt sie. Im dritten Stock befindet sich das über vier Meter lange Werk „Zum Mond“, das aus scheinbar unendlich vielen Kupferplättchen zusammengeschweißt wurde. Ab und zu kann man eine Lücke erkennen. „Es wächst noch weiter“, erklärt Hyosook Moon. Viele ihrer Werke bleiben bewusst im Prozess, sind nie wirklich abgeschlossen oder werden über Jahre hinweg weiterentwickelt. Ihre Technik ist das Autogenschweißen an der offenen Flamme, das viel Kraft und Ausdauer verlangt.

„Machtgewalt 1, 2 und 3“ heißen diese Skulpturen der koreanisch-stämmigen Künstlerin Hyosook Moon. (Foto: Hartmut Pöstges)
Derzeit sind die Werke der koreanischen Bildhauerin zusammen mit den Bildern von Hamid Cordan auf drei Etagen im Kunstturm am Schwankl-Eck in Wolfratshausen zu sehen, noch bis 15. Juni. Die Ausstellung trägt den Titel „Unbekannte Resonanz“.
Auch Cordans Bilderwelten bieten Betrachtern eine geistige Erkundungstour. Flattert da ein Vogel durch das Bild? Oder sieht der Betrachter die Erde aus der Vogelperspektive? Hamid Cordan lädt zur Entdeckung ein. „Viele meiner Werke entfalten ihre Wirkung erst auf den zweiten Blick. Die Leute bemerken immer wieder etwas Neues“, sagt der Künstler. Seine technische Entwicklung kann man in der Ausstellung gut nachvollziehen. So zeigt er neben zwei Bildern, die zu seiner Diplomarbeit gehörten, auch aktuelle Werke. Ein zentrales Element seines Schaffens sind handkolorierte Tiefdrucke, für die er Reliefs mit einer Presse in angefeuchtetes Büttenpapier einprägt. Die Drucke koloriert er anschließend individuell und schafft so Unikate. „Drei Schritte zur Sonne“ ist der Titel eines kleinformatigen Bildes aus dem Jahr 2020.
Cordans technische Innovationsfreude spiegelt sich nicht nur in der Entwicklung neuer Drucktechniken, sondern auch in seinen 3D-Skulpturen wider. Er stellt beispielsweise das Werk „Dance, dance, day and night“ aus dem Jahr 2023 aus. Das Werk ist farbenfroh und dynamisch. Eher grafisch ist hingegen das Bild „It goes on and on_M 3D“, das im Erdgeschoss hängt.

„Dance, dance day and night“ heißt dieses Werk von Hamid Cordan. (Foto: Hartmut Pöstges)

Diese eher grafische Arbeit hat Hamit Cordan „ it goes on and on_M 3D“ genannt. (Foto: Hartmut Pöstges)
Dort sind auch die vier großen Kupferarbeiten von Hyosook Moon ausgestellt. Sie sind jeweils zwei Meter hoch und eineinhalb Meter breit und stellen die vier Kontinente dar. Für Nordamerika hat sie rechteckige Kupferplättchen aneinandergelötet. „Das sind Häuser und Gärten, alles ist sehr geordnet“, sagt die Künstlerin. Für den asiatischen Kontinent verwendet sie dagegen wieder ihre „Draht-Manschgerln“ und bezeichnet Asien als überbevölkert, durchlässig, lebendig und offen. So kann der Betrachter durch das Kunstwerk hindurch auf die Marktstraße blicken.
Europa ist wieder ganz anders: Hier ist kein Durchkommen, die kleinen Kupferplatten sind eng aneinandergeschweißt. „Europa ist dicht und hat viel Geschichte“, erläutert sie. Auf dem afrikanischen Kontinent sieht das wieder anders aus. Die Künstlerin hat die Figuren aus der Metallplatte herausgearbeitet. „Die Menschen in Afrika sind dynamisch, temperamentvoll und fröhlich“, erklärt sie.
Den Kontinent Asien hat Hyosook Moon als Geflecht aus kleinen Drahtmenschen dargestellt, durch das der Betrachter auf die Marktstraße blicken kann (Ausschnitt). (Foto: Hartmut Pöstges)
Beide Künstler haben an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert. Der in Wolfratshausen lebende Hamid Cordan war Schüler von Mac Zimmermann, Robin Page, Jürgen Reipka und Sir Eduardo Paolozzi, bei dem er 1983 als Assistent in London arbeitete. Neben der künstlerischen Tätigkeit entwickelte Cordan deutsche und europäische Patente. Seine Botschaft lautet: „Es geht immer weiter, Stillstand ist keine Option, weder im Leben noch in der Kunst“.
Die in Südkorea geborene Hyosook Moon studierte in Seoul und München. Sie war Dozentin an der Kunsthochschule in Seoul bevor sie sich aus familiären Gründen in München als freie Künstlerin niederließ. Ihre Werke wurden unter anderem im Haus der Kunst gezeigt. Sie ist Kunstpreisträgerin in München und Bad Wörishofen.
„Unbekannte Resonanz“, Werke von Hyosook Moon und Hamit Cordan, Kunstturm am Obermarkt 33, Öffnungszeiten: Donnerstag bis Sonntag 14 bis 18 Uhr. Am Sonntag, 1. Juni, findet eine Finissage statt, die Ausstellung ist jedoch bis 15. Juni verlängert worden.